Manhattan Project1941: Otto Frisch und Rudolf Peierls entdecken die extreme Sprengkraft einer kleinen Menge U235 , die USA treten in den 2. Weltkrieg ein.
1942: Robert Oppenheimer schart Physiker um sich, um eine Kernwaffe zu entwickeln.
Juli 1945: Erste erfolgreiche Zündung einer Atombombe in New Mexico.
02.09.1945: Kapitualation Japans, endgültiges Ende des 2. Weltkriegs.

 Anlässlich des Erscheinens der deutscshen Ausgabe einige Worte zu einem von mir sehr geschätzten Worker-Placement-Spiel:

In Manhattan Project sind die Ergebnisse und Folgen der oben angerissenen Forschungsarbeiten noch offen. Jeder Spieler übernimmt die Kontrolle über eine (ohne „Nations“-Erweiterung) generische, fiktive, potenzielle Atommacht. Zu Beginn ausgestattet mit vier Arbeitern ohne besondere Ausbildung, jeweils einem Jagdflugzeug und Kampfbomber, sowie einem geringen (von der Spielposition abhängigen) monetären Startkapital, rekrutiert jeder Spieler im Spielverlauf bis zu je vier eigene Ingenieure und Wissenschaftler und maximal zehn Flugzeuge jeden Typs. Zudem werden die zu Spielbeginn noch leeren Bauplätze des eigenen Tableaus nach und nach mit Uranminen, Universitäten, Fabriken und Anreicherungsanlagen gefüllt.

Spielablauf

Gespielt wird im Uhrzeigersinn reihum und jeder Spieler muss sich von Runde zu Runde zwischen gerade einmal zwei Aktionen entscheiden: Personal einsetzen oder zurücknehmen.

Beim Personaleinsatz muss der aktive Spieler mindestens einen Arbeiter (was Ingenieure und Wissenschaftler beinhaltet) auf dem Hauptspielplan unterbringen und darf beliebig viele auf seinem privaten Tableau einsetzen. Auf dem gemeinsamen Spielplan darf dabei nur genau eine Aktion genutzt werden, daheim beliebig viele. Auf dem eigenen Tableau geht dies naheliegenderweise erst, wenn dort Gebäude errichtet wurden.

Wie kriegen wir also Gebäude auf die privaten Tableaus? Mit einer der Hauptaktionen! Zwei der acht Aktonen des gemeinsamen Spielplans sind nicht begrenzt: Bombenentwicklung und Bau. Alle anderen haben (teilweise extrem) begrenzte Einsatzmöglichkeiten, so dass nicht unbedingt jeder zum Zuge kommt. Die Erläuterung der Aktionen eröffnet eine der Unbegrenzten:

  • Construction: (im Folgenden werden in Unkenntnis der Übersetzung die Titel des englischen Spielplans genutzt): Gegen Bezahlung der Baukosten darf eine der sechs offen ausliegenden Gebäudekarten genommen werden. Kosten: 1 Arbeiter beliebigen Typs, zusätzlich monetäre Baukosten. Im Fall der Bezahlung mittels Ingenieur entfallen die Baukosten, sofern man eine der vorderen beiden Karten nimmt.
  • Air Strike: Auf Kosten eines eigenen Jagdflugzeugs kann man ein gegnerisches Flugzeug beliebigen Typs zerstören. Auf Kosten eines eigenen Jagdbombers kann man ein gegnerisches Gebäude zerstören, sofern der Gegner keine Jagdflieger mehr besitzt. Kosten: 1 Arbeiter beliebigen Typs.
  • Repair: Für 5$ dürfen eigene Gebäude repariert werden. Die anderen Spieler dürfen für 2/5/8$ ebenfalls 1/2/3 Schadensmarker entfernen. Kosten: 1 Arbeiter beliebigen Typs.
  • Factories: Produzieren Jäger/Bomber/Geld. Kosten: 1 Arbeiter beliebigen Typs (je nach gewünschter Produktion unter Umständen auch Yellowcake oder Arbeiter bestimmten Typs).
  • Mines: Produzieren Yellowcake (Aus Erz extrahiertes Uran). Kosten: 1 Arbeiter beliebigen Typs (u.U. Ingenieur oder zusätzlich Geld)
  • Universities: „Produzieren“ Arbeiter/Ingenieure/Wissenschaftler (eigene, aber auch neutrale Leiharbeiter). Es gibt vier neutrale Arbeiter jedenTyps. Kosten: 1 Arbeiter beliebigen Typs (u.U. zusätzlich 3$)
  • Design Bomb: Bringt Bombenkarten (potenzielle Siegpunkte) auf die Hand. Kosten: jeweils 1 Ingenieur und Wissenschaftler. Neben der Construction Site die einzige Aktion, die keine endliche Anzahl an Arbeitsplätzen zur Verfügung stellt. Zudem muss man diese Aktion wählen, will man Bomben von der Hand entwickeln (was Arbeiter und – je nach Bombentyp – angereichertes Uran oder Plutonium kostet (und die Hauptsiegpunktquelle ist), entwickelte Bomben in Bomber laden (+5 Siegpunkte) oder Plutoniumbomben testen (erhöht die Siegpunktausschüttung später entwickelter Plutoniumbomben).
  • Enrichment: Produziert je nach Platz und Arbeiter Plutonium oder angereichertes Uran. Kosten: Wissenschaftler plus 2 Yellowcake für 1 Plutonium oder Wissenschaftler plus 3$ plus 2 Yellowcake für 1 angereichertes Uran.
  • Espionage: Erhöht die Anzahl der verfügbaren Spione und erlaubt in Schritt 2 (Arbeiter aufs eigene Tableau setzen) die Nutzung gegnerischer Gebäude (maximal so viele, wie Spione vorhanden sind).

Schritt zwei des Personaleinsatzes erlaubt das Einsetzen eigener Arbeiter und/oder Leiharbeiter auf den Gebäuden des eigenen Tableaus. Jedes Gebäude (sei es University, Mine, Factory oder Enrichment Plant) hat eigene Anforderungen an Zahl und Art der erforderlichen Arbeiter und davon abhängige Produktionsniveaus. Zudem ist jedes Gebaüde nur einmal nutzbar, bis die Arbeiter in den Vorrat zurückgenommen werden, was letztlich einem Passen gleichkommt:

Die zweite Aktionsmöglichkeit, das Zurücknehmen des Personals, bedeutet letztlich nichts anderes, als dass der Spieler passt, dafür aber seine Spielsteine für den späteren Einsatz zurückerhält. Alle eigenen (Spielerfarbe) Arbeiter kommen in den eigenen Vorrat zurück. Allerdings gilt es dabei drei Feinheiten zu beachten:

  • Alle Arbeiter werden vom  privaten Tableau des Spielers entfernt. Dies beinhaltet auch von Gegnern mittels der Espionage-Aktion eingesetzte gegnerische und neutrale Arbeiter.
  • Alle neutralen Arbeiter Arbeiter werden vom Hauptspielplan entfernt, unabhängig davon, wer sie eingesetzt hat.
  • Alle eigenen Arbeiter kommen in den Vorrat zurück, unabhängig davon, ob diese auf dem eigenen, gegenerischen oder dem gemeinsamen Spielplan stehen.

Das Spiel endet, sobald ein Spieler eine (spielerzahlabhängige) Gesamtzahl an Siegpunkten gesammelt hat. Dabei ist unerheblich aus welchen Quellen (Uran- / Plutoniumbomben, Laden der Bomben in Bomber) diese stammen.

Kritik

Denkt man kurz darüber nach, was die Rücknahmebedingungen bedeuten, fällt auf, dass das auf den ersten Blick notwendige und harmlose Zurücknehmen der eigenen Spielsteine effektiv der Schlüssel zum Sieg, zumindest aber die anspruchsvollere der beiden Aktionsmöglichkeiten, ist. Insbesondere die rechtzeitige Nutzung, bzw.Blockade wichtiger Aktionen wie Espionage oder bestimmter Aktionsfelder der Universität wollen wohl durchdacht sein. Negativ dürfte vielen Spielern auffallen, dass die Aktion „Air Strike“, auch wenn sie eine von gerade mal zweien ist, die direkte Interaktion ermöglichen, letzten Endes sinnlos und überflüssig ist. Sie kostetnicht nur ein eigenes Flugzeug, obendrein erfüllt sie ihren intendierten Nutzen (Schaden an Gebäuden anzurichten) nur, wenn man selbst oder ein anderer Spieler die Jagdstaffel des Ziels auf null reduziert hat UND jenes nachfolgend keine Arbeiter zum Flugzeugbau abgestellt hat. Diese Opportunitätskosten sind durch den Zeit- und Ressourcenverlust dermaßen hoch, dass in den meisten Partien jeder Spieler ein oder zwei mal Jagdflieger produziert und somit effektiv dauerhaft geschützt ist. Es lohnt sich einfach für niemanden, Angriffe zu fliegen.

Daraus folgend entfällt de facto natürlich auch die Reparaturaktion und der Nutzen ausschließlich Flugzeuge produzierender Fabriken erscheint zumindest zweifelhaft. Das reduziert die auf den ersten Blick groß erscheinende Auswahl möglicher Aktion doch einigermaßen. Schade, hier hätte intensiveres Testspielen eventuell eine eigentlich interessante interaktive Spielidee stärker ausbauen können. Interaktion existiert daher eigentlich nur über die Spione. Die entsprechende Aktion steht allerdings zu jedem gegebenen Zeitpunkt immer nur einem Spieler zur Verfügung. Zum festen Repertoire einer jeden Partie gehört daher das Lauern Aller darauf, dass der momentane Spion das wichtige Feld freigibt, dient es doch nicht nur dem Schnorren in fremden Gebäuden sondern somit auch der Blockade dieser.

Ansonsten geht es von Runde zu Runde darum, den größtmöglichen Nutzen aus den vorhandenen Arbeitern zu holen, sei es durch eigene Aktionen oder auch das Hinauszögern dieser, um sich in eine gute Startposition für freiwerdende Hauptspielplananktionen zu bringen. Hierdurch hat man eine Menge Ressourcenverwaltung zu betreiben, sind doch nicht nur Geld, Yellowcake, Uran und Plutonium als solche zu betrachten, sondern eben auch die drei verschiedenen Arbeitertypen. Da sich diese bei der Rücknahme unterschiedlich verhalten, je nachdem, ob es eigene Arbeiter in Spielerfarbe oder graue Leiharbeiter sind, sollte bei ihrem Einsatz lieber zweimal nachgedacht werden.

Fazit:
„Manhattan Project“ ist ein anspruchsvolles, auf das Notwendigste reduziertes Personaleinsatzspiel, das fast schon mechanisch daherkommt. Das ist definitiv nicht jedermanns Sache. Auch die nüchterne, an die Ästhetik der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts erinnernde Grafik wirkte nicht auf jeden Mitspieler anziehend. Mir gefiel sie hingegen sehr gut, was zusammen mit dem unverbrauchten Thema ursprünglich zum Kauf führte. Bisher hat mir noch jede Runde Manhattan Project trotz der angesprochenen Kritikpunkte gefallen. Die Individualisierung der Spielernationen und vor allem die Änderungen, die durch Wasserstoffbomben und Raketentechnologie über die zweite Erweiterung „Second Stage“ ins Spiel kommen, machen es noch um einiges interessanter (dazu kommt evtl. beizeiten ein weiterer Artikel). Hoffen wir, dass Asmodee sich nicht lumpen lässt und auch diese noch in deutscher Sprache nachliefert.
Wie so oft, wenn es um rechtzeitigen Personaleinsatz und Optimierung geht, ist zu empfehlen, in möglichst großer Runde zu spielen. Zu viert und zu fünft ist es richtig eng auf dem Spielplan und das braucht das Spiel unbedingt.
Manhattan Project
Spieler: 2-5
Dauer: ca.120 Minuten
Autor: Brandon Tibbetts
Verlag: Asmodee / Marabunta (Deutsche Ausgabe)

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