Kein Platz für Snacks. TI3 füllt zu sechst einen 1,20*1,20m-Spieltisch komplett aus.

Kein Platz für Snacks. TI3 füllt zu sechst einen 1,20*1,20m-Spieltisch komplett aus.

Auch ohne irgendwelche teuren Lizenzen á la Star Wars, Star Trek oder Battlestar Galactica liegt uns mit Twilight Imperium 3 ein Spiel mit reichhaltigem Hintergrund vor. Jedes Volk hat seine Geschichte, über jeden Planeten wissen die Karten zumindest ein bißchen zu erzählen. Die Geschichte, die erzählt wird, reicht Jahrtausende zurück. Was auch immer man über das Spiel zu sagen hat, eines lässt sich schon mal festhalten: Die Stimmung passt. Laut Untertitel der Schachtel haben wir hier ein Spiel um galaktische Eroberungen, Handel und Politik vor uns, also überprüfen wir diese Selbstbehauptung einfach mal:

Eroberungen? Check! Jede Menge Raumschiffpüppchen, Würfelduelle zwischen streitenden Parteien, sechs Schiffstypen, dazu Bodentruppen und planetare Verteidigungsanlagen für jeden Spieler versprechen auf den ersten Blick ein Kriegsspiel. Vorsicht ist nach „Eclipse – New Dawn for the Galaxy“ (das viele Leute immer noch für ein Kriegsspiel  halten und deshalb enttäuscht sind) zwar geboten, aber es sieht ganz danach aus, als hielte TI3 dieses Versprechen. Und wer sich darauf freut, wird nicht enttäuscht werden. TI3 will und muss aggressiv nach vorn gespielt werden. Wer seine Flotten ausschließlich defensiv nutzt, hat verloren. So einfach ist das. Wer keine Kriegsspiele mag, sollte „Eclipse“ oder andere SciFi-Wirtschaftsspiele spielen, Twilight Imperium verlangt nach unerschockenen Strategen und Taktikern, die sich um das Leben ihrer Truppen nicht all zu sehr scheren, so lange die Verluste dem größeren Ganzen dienen.

Handel? Meh. Hmm. Ja. Schon irgendwie. Aber dann eigentlich doch nicht. Handel kann getrieben werden. Mit sogenannten Trade Goods. Das sind aber eigentlich nur Joker für die beiden eigentlichen Währungen des Spiels, Ressourcen und Einfluß. Außerdem handeln die Spieler nicht wirklich miteinander, sondern die glorifizierten Jokerchips werden immer dann, wenn die strategische Aktion Handel (Trade) gewählt wird, aus der Bank ins System gespült. Immerhin die auszuschüttende Menge obliegt innerhalb eines gewissen Rahmens dem Einfluß der Spieler, müssen diese sich doch einigen, welche Fraktion welchen ihrer lediglich zwei Handelsverträge welcher anderen im Tausch überlässt. Das letzte Wort darüber hat allerdings derjenige, der die Handelsaktion ausglöst hat, was er sich natürlich teuer bezahlen lassen kann, womit wir beim letzten Punkt wären:

Politik? Hell yes! Nichts ist in Stein gemeißelt, alles kann, darf und sollte jederzeit verhandelt werden. Man kann da gerne anderer Meinung sein, aber meiner Erfafhrung nach ist die Diplomatie ein zentraler Bestandteil des Spiels. Warum sollte man seine teure Raumflotte in verlustreiche Schlachten schicken, wenn man die eigenen Ziele auch am Verhandlungstisch erreichen kann? Bis Verrat und anschließender Krieg opportun erscheinen, heißt das. Bündnisse wechseln schnell und ein jeder sollte stets mit einem offenen  Auge schlafen. Da lediglich 10 Punkte den Spielsieg bedeuten und jede Runde auf jeden Fall zwei im Pool liegen, steht gefühlt ständig jemand kurz vor dem Spielsieg, zumal mit öffentlichen und geheimen Spielzielen theoretisch bis zu fünf weitere Punkte am  Ende einer Runde auf erfolgreiche Spieler warten könnten. Jap, theoretisch kann man mehr als die Hälfte der nötigen Punkte in einer einzigen Runde gutschreiben. Praktisch klappt das wohl eher selten. Warum? Wegen der Diplomatie! Damit können wir die Zielgruppe noch ein bißchen weiter eingrenzen: Damit alle Spaß haben, braucht man 3-6 Spieler, die vier bis sechs Stunden volle Aufmerksamkeit ins Spiel stecken. Zusätzlich zur oben verlangten Freude am offensiven Kriegsspiel, versteht sich. Wir beginnen zu ahnen, warum Heidelberger bislang keine deutsche Übersetzung gewagt hat. Ob Asmodee dem deutschen Markt mehr zutraut? Bleibt abzuwarten.

Wie wird das alles nun zusammengefasst und in ein Spiel gegossen? Folgendermaßen:

Eine Hälfte der im Grundspiel mitgelieferten Völker.

Eine Hälfte der im Grundspiel mitgelieferten Völker.

Spielabalauf:

Twilight Imperium 3 wird über eine unbestimmte Anzahl Runden gespielt, bis entweder mindestens ein Spieler am Ende der Runde 10 Siegpunkte für sich reklamieren kann, oder im Lauf der Runde die „Imperium Rex“-Zielkarte vom Stapel der öffentlichen Ziele aufgedeckt wurde. Im zweiten Fall endet das Spiel sofort und der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt.

Jede Runde gliedert sich in drei Phasen: Erstens die Strategiephase, an die sich die Aktionsphase anschließt, gefolgt von der abschließenden Statusphase.

  1. In der Strategiephase wählen die Spieler, beginnend mit dem aktuellen („Speaker“ genannten) Startspieler und dann in Sitzreihenfolge folgend, ihre Strategiekarte für die anschließende Aktionsphase. Diese sind den Rollen in Puerto Rico, das vielleicht mehr Leuten bekannt sein dürfte, vergleichbar. Denn sie definieren nicht nur die Spielreihenfolge in der Aktionsphase, sondern stellen einerseits dem sie wählenden Spieler jeweils eine Aktion an die Hand, erlauben allen anderen Spielern andererseits, gegen Bezahlung eine abgewandelte Version dieser Aktion zu nutzen.
  2. Die sich anschließende Aktionsphase ist dann der Motor des Spielgeschehens. In der Aktionsphase wird in der durch die gewählten Strategien vorgegebenen Reihenfolge gespielt, beginnend mit der Initiativeaktion (1, erlaubt keine Aktion, gibt dem Spieler aber den „Speaker“-Marker und kostenlose Sekundäraktionen), endend mit der imperialen Aktion (8, gewährt zwei Siegpunkte und deckt eine neue Zielkarte auf). Ist ein Spieler am Zug, kann er entweder seine gewählte strategische, eine taktische oder eine Transferaktion durchführen. Zudem darf gepasst werden, womit man aus der laufenden Runde aussteigt, aber immerhin noch an den sekundären strategischen Aktionen partizipieren darf. Die strategische Aktion erlaubt es, die in der Strastegiephase ausgewählte Aktion durchzuführen und muss zwingend vor dem Passen durchgeführt werden. Anschließend haben die anderen Spielern die Möglichkeit, gegen Bezahlung ebenfalls zu agieren. Die taktische Aktion erlaubt es, Sonnensysteme (Spielfelder) zu aktivieren und Flotten dorthin zu verschieben. Unter Umständen kommt es in Folge dessen zu Raumgefechten und planetaren Invasionen. Mit der Transferaktion werden zwei benachbarte Raumfelder aktiviert, um Flotten (und mit ihnen gegebenenfalls Bodentruppen) zwischen diesen beiden zu verschieben.
  3. Das Rundenende wird dann durch dieStatusphase eingeläutet, in der „verbrauchte“ Planeten erfrischt, Schäden an Raumschiffen repariert, Zielkarten beansprucht sowie Kommandomarker und Aktionskarten nachgezogen werden. Kurz gefasst, handelt es sich hier um die nötige Verwaltung sowohl des individuellen wie auch des allgemeinen Spielmaterials.

Kämpfe laufen, egal wer sie wie ausgelöst hat, immer nach dem selben Schema ab: Vor dem eigentlichen Kampf schießen alle PDSs (planetare Verteidigungssysteme) in Reichweite auf ihre jeweiligen Gegner, alle am Kampf beteiiligten Destroyer schießen einmal auf gegnerische Fighter, dann dürfen sowohl Angreifer als auch Verteidiger sich zurückziehen. Geschieht dies nicht, kommt es zum eigentlichen Raumkampf:

Jeder Schiffstyp hat einen auf den Spielertableaus angegebenen Angriffswert, den es mit einem W10 zu erreichen oder zu übertreffen gilt. Beide Spieler würfeln gleichzeitig und jeder Treffer schaltet ein gegnerisches Schiff aus. Ausschließlich Dreadnoughts und War Suns (Todessterne, quasi) halten einen Treffer aus und werden erst beim zweiten zerstört. Treffer/Verluste teilt der Besitzer seinen Schiffen zu. Dies wird solange wiederholt, bis nur noch einer der Kombattanten Schiffe im umkämpften Sytem hat. Nach jeder Kampfrunde können wwie vor dem Kampf Rückzüge deklariert werden, die nach der folgenden Kampfrunde erfolgen.

Nach dem Raumkampf kann der Angreifer, so er denn welche in Carriers dabei hat, Bodentruppen auf beliebigen Planeten des Systems landen, um die Kontrolle über diese zu erringen. Auch hier kommt es zum Kampf, allerdings gibt es keine unterschiedlichen Truppentypen. A propos Carrier! Hier versteckt sich eine der vielen kleinen Balancingperlen des Spiels. Raumjäger sind spottbillig in der Produktion. Bodentruppen ebenfalls. Das Problem ist dabei, dass sie das Sysem, in dem sie produziert wurden nur verlassen können, wenn es einen Carrier gibt, der sie transportiert. Vipers haben halt keinen FTL-Antrieb (wer das nicht versteht, möge BSG schauen, lohnt sich eh). Jeder Carrier kann maximal sechs Einheiten beiebigen Typs transportieren/unterstützen, kämpft  dafür hundsmiserabel und ist teuer. Fighterspam geht nicht. Es sei denn, man hat die entsprechende Technologie entwickelt.

Technologie? Jau, es wird nebenher auch noch geforscht und trotz aller Übersichtlichkeit hat der Technologiebaum es in sich, erlaubt mithin völlig divergierende Spielstrategien. Wie das geht, erfahrt ihr nach der nächsten Maus im zweiten Teil des TI3 Reviews. Das Spiel bietet einfach zu viel, um es kurz in ca. 1000 Worten zusammenzufassen. Zudem werden wir uns im zweiten Teil etwas näher mit den Völkern und der persönlichen Meinung zum Spiel befassen.

Mit ihm geht es Donnerstag weiter: Der TI3 Technologiebaum.

Mit ihm geht es im zweiten Teil weiter: Der TI3 Technologiebaum.

Twilight Imperium (Third Edition)
Spieler: 3-6
Dauer: 240-360 Minuten
Autor: Christian T. Petersen
Verlag: FFG

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